Nachdenklich und um Fassung bemüht, betrat Hannerl diesen Garten. Hier hatte sie sich einmal mit Stefan getroffen. Ja, eigentlich hatte hier ihre Liebe zu ihm richtig begonnen. Denn in diesem Garten unter den alten Kastanien hatte er sie damals zum ersten Male geküsst. Tief aufseufzend lehnte sie sich an einen Stamm und blickte hinauf zu dem runden, fahlen Mond, der durch das Geäst schimmerte.
»Hannerl!«
Wie aus dem Boden gewachsen stand Stefan neben ihr. Seine Stimme klang heiser und zitterte vor Erregung.
»Mein Gott! Lass mich halt!«, wimmerte sie gequält. »Lass mir doch bitte meinen Frieden!«
»Wenn ich’s nit kann, Hannerl!«
»Man kann alles, Stefan, wenn man nur will!«
»Aber wenn ich dich so liebe?«
»Was haben wir davon?«, fragte sie. »Hättest du mich geheiratet, dann wäre jetzt wohl alles anders. Aber dazu warst du ja wohl zu feig! So lass es also auch sein, wie es ist!«
Da riss er sie in seinen Arm. Einen Moment lang war sie wie ohnmächtig, um sich zu wehren, dann aber trommelten ihre Fäuste gegen seine Brust.
»Lass mich los – du – lass mich los, sonst schreie ich!«
Doch er erstickte ihre heiser hervorgestammelten Worte immer wieder mit heißen Küssen.
»Ja, was ist denn das?«, klang plötzlich eine kräftige Männerstimme. Das Hoflicht war plötzlich aufgeflammt und in dessen Schein stand Stefans Vater.
»Sie – sie hat sich mir an den Hals geworfen, Vater. Sie – sie war es!«, stotterte Stefan.
Das Schweigen dieser halben Minute kam jedem wie eine Ewigkeit vor. Hannerl schüttelte fassungslos den Kopf.
»Aber nein, ich … nein … Bauer – ich …!«
»Du Flietschen!«, keuchte Sepp Hofmüller. »Ja, du bist ja ein ganz gemeines Flittchen! Trägst einen Bankert in dir und wirfst dich meinem Buben an den Hals, der heut geheiratet hat! Ja, was bist denn du für eine hinterlistige Schlampen!«
Er ging langsam auf die Magd zu. Hannerl blieb hochaufgerichtet stehen.
Schwanger und vom Kindsvater verraten, muss die mittelloses Magd Hannerl den Müllerhof an dem Tag verlassen, an dem Stefan die Frau heiratet, die man ihm bestimmt hat. In der Fremde trifft sie Menschen, die ihr helfen und es gut mir ihr meinen. Eine neue Liebe, ein neues Glück? Sind die alten Schatten zu düster, um für Hannerl die Sonne wieder scheinen zu lassen? Oder ist das Glück größer als sich das Mädel es hätte träumen lassen?
Über den Autor:
Peter Steingruber gehört zu den beliebtesten deutschen Heimatschriftstellern. Sein Gesamtwerk ist diesem Genre setzt sich aus nahezu sechhundert Romanen zusammen, die in hohen Auflagen im deutschsprachigen Raum verkauft wurden und heute nahezu vollständig vergriffen sind. Die besten Romane des Autors erscheinen in loser Folge erstmals digitalisiert und zu einem fairen Preis exklusiv bei HML-Media Edition.
Autor: Peter Steingruber
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